„Arbeit nervt“ ist passé. Die Electro-HipHop-Anarcho-Truppe Deichkind ist längst wieder tätig geworden und hat ein neues Album aufgenommen. „Befehl von ganz unten“ heißt es. Es ist das erste ohne ihren Produzenten Sebastian Hackert, genannt Sebi, der seit den Neunzigern ihren Sound mitgeprägt hat und der im Februar 2009 völlig überraschend verstarb. Nach anfänglichem Schockzustand machten Deichkind aber weiter – ohne jedoch ihren Freund Hackert zu vergessen, wie Mitglied Porky im Interview erzählt.
Vier Jahre sind seit der Veröffentlichung von „Arbeit nervt“ vergangen. Bist Du froh, dass „Befehl von ganz unten“ endlich fertig ist? War es ein schwerer Prozess, das Album zu machen?
Es ist immer eine schwere Geburt. Wenn man nicht leidet, sich nicht scheiße fühlt und nicht Federn lässt, sondern alles wie von alleine geht, ist ein Album glaube ich kein gutes Album. So fragt man sich, ob das geil ist, was man da macht. Wenn man dann fertig ist, schaut man sich an, was man da zustande gebracht hat, und beurteilt es. Ich für meinen Teil finde das Album sehr gut.
Wart Ihr am Ende Eurer Endlos-Tournee von den „Arbeit nervt“-Songs selbst genervt, weil Ihr die immer und immer wieder spielen musstet?
Wir freuten uns natürlich immer wieder aufs Neue auf das Spektakel auf der Bühne, zumal die Power ja immer da war. Aber die Songs selber, die waren mit der Zeit schon öde. Wir bauten dann die Show etwas um. Es ist allerdings viel geiler, neue Songs vorzustellen.
Wie schwierig war es, das erste Album ohne Sebastian Hackert zu machen? Und wie schwierig war es, nach dessen Tod nicht den Humor zu verlieren?
Nun ja, zu verbittern ist ja auch keine Lösung. Wir haben alle eigene Leben und müssen irgendwie weitermachen. Das Album ohne ihn zu machen, das war nicht anders schwierig, als es mit ihm zu machen. Die Arbeit als Musiker ging ohne ihn einfach weiter – eben in einer anderen Konstellation, sprich mit anderer Aufgabenaufteilung. Was schwer ist, ist ihn als Freund zu vermissen und ihn nicht dabei zu haben. Der Schmerz ist persönlicher Natur. Die Trauer nimmst du überall mit hin. Deichkind indes hat sich längst selbstständig gemacht, füttert sich selbst und tritt wohl irgendwann, wenn wir alle nicht mehr da sind, als künstliche Intelligenz auf.
Text: Peter Parker Foto: Nikolaus Brade
Deichkind – Vorstadium zur künstlichen Intelligenz ist ursprünglich auf %POPSCENE% erschienen